135 Meter Schiff läuft nur fünf Meter vom Wohnhaus entfernt auf Land
Es ist früher Morgen in Byneset bei Trondheim. Johan Helberg schläft ruhig in seinem Haus, ahnungslos, dass sich nur wenige Meter entfernt ein spektakulärer Zwischenfall ereignet. Ein 135 Meter langes Containerschiff steuert mit rund 30 Stundenkilometern direkt auf die Küste zu und kommt direkt vor seinem Grundstück zum Stehen.
„Wäre es nur fünf Meter weiter rechts gewesen, wäre es den Hang hochgerutscht. Dann hätte mein Haus heute wohl ganz anders ausgesehen“, sagt Helberg später. Als sein Nachbar gegen das Hausdach hämmert und sturm klingelt, reißt es ihn aus dem Schlaf. „Hast du das Schiff nicht gesehen?“, fragt der Nachbar ungläubig. Helberg tritt ans Fenster und blickt direkt auf den Bug eines riesigen Frachters. „Es war völlig surreal“, sagt er. Einzig eine unterbrochene Leitung der Wärmepumpe ist zu beklagen. „Dann wird’s heute eben ein bisschen kalt im Haus“, fügt er trocken hinzu.
An Bord des Schiffes befanden sich 16 Personen. Verletzte gab es keine, auch Öl trat nicht aus. Der Frachter gehört zur Reederei North Sea Container Line und war unterwegs nach Orkanger. Doch aus noch ungeklärten Gründen verfehlte er seinen Kurs mit überraschendem Ziel: ein norwegisches Wohngebiet.
Jostein Jørgensen, Helbergs Nachbar, war Augenzeuge. „Es war kurz vor fünf. Ich wurde wach, weil das Motorengeräusch draußen ungewöhnlich laut war“, erzählt er. Als er aus dem Fenster sah, bemerkte er das Schiff, das ohne abzubremsen auf das Ufer zusteuerte. „Ich lief hinaus, schrie und pfiff, aber es half alles nichts. Es fuhr einfach weiter. Es war völlig unwirklich.“
Noch am Vormittag versuchten Einsatzkräfte, das Schiff mit technischen Mitteln freizubekommen aber vergeblich. Der nächste Versuch soll bei der kommenden Flut erfolgen, die für 20:41 Uhr angesetzt ist.
Die Polizei hat Ermittlungen aufgenommen. Eine Person an Bord wurde als verdächtig eingestuft. Sie befand sich zur Zeit des Vorfalls auf der Brücke des Schiffes. Ob menschliches oder technisches Versagen vorliegt, ist unklar. Hinweise auf Alkohol- oder Drogeneinfluss gebe es jedoch keine, teilte die Polizei mit.
Die „N.C.L. Salten“ ist kein unbeschriebenes Blatt: Bereits im Oktober 2023 war sie in Tømmervika auf Grund gelaufen, konnte sich damals jedoch selbst befreien. Dieses Mal ist die Situation komplizierter. Rund 200 bis 300 Container mit unterschiedlichsten Gütern befinden sich an Bord. Die Reederei betont, dass die Besatzung wohlauf sei und keine Gefahr für die Umwelt bestehe.
Die Geschäftsführerin der Reederei, Bente Hetland, erklärte, man arbeite mit Hochdruck an einem Plan zur Bergung. „Unser Fokus liegt auf der Sicherheit der Crew und der Information unserer Kunden.“
Für die Bewohner von Byneset bleibt der Vorfall jedenfalls unvergesslich. „Ein Schiff direkt vor dem Fenster, das erlebt man wirklich nur einmal im Leben“, sagt Johan Helberg. Und es klingt, als würde er hoffen, dass es auch dabei bleibt.
Quelle: www.nrk.no
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